Verfasser/in der Frage

22.04.2015 11:25:17

Sehr geehrte Frau Gräfin von Hardenberg,
manche Menschen tun sich – abzulesen etwa an aktuellen asylpolitischen Debatten – offenbar schwer damit, den Mehrwert von Vielfalt anzuerkennen. Haben Unternehmen überhaupt eine Chance, Diversity Management umzusetzen, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vielleicht gar nicht mitmachen?

22.04.2015 11:25:51

Um diese Frage zu beantworten, muss ich etwas ausholen: Die Charta der Vielfalt ist eine Unternehmensinitiative zur Förderung von Vielfalt in Unternehmen und Institutionen. Unter unseren Unterzeichnern sind verschiedene Bildungseinrichtungen und Unternehmen ¬– ¬von der Deutschen Bank bis zur Apotheke um die Ecke, kurz, wir haben eine bunte Mischung an Organisationen, die in unserem Netzwerk aktiv sind, weil sie den Wert der Vielfalt in der Gesellschaft anerkennen und wertschätzen. Und das ist unser Auftrag. Die Charta der Vielfalt steht für ein vorurteilsfreies Arbeitsumfeld. Es ist die Aufgabe der Arbeitgeber, dafür Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufzuklären. Das müssen sie auch tatsächlich tun. Nicht nur, damit sie einen gesellschaftlichen Beitrag leisten, sondern schlicht auch, damit sie wirtschaftlich überleben können. Es ist wichtig, sich mit Diversity Management zu beschäftigen und ein wertschätzendes Arbeitsumfeld zu fördern, denn Beschäftigte, die sich wertgeschätzt fühlen, arbeiten deutlich motivierter und damit erfolgreicher. Um ein entsprechendes Arbeitsumfeld zu stärken, müssen Unternehmen ihrer Belegschaft den Wert von Vielfalt vermitteln.

22.04.2015 11:27:13

Mit der Charta der Vielfalt unterschreiben Unternehmen sogar, dass sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über Diversity informieren. Haben Unternehmen also einen konkreten Bildungsauftrag?

22.04.2015 11:27:49

Ja, den haben sie. Und der bedeutet, Vorurteile abzubauen und Vielfalt anzuerkennen. Ein Unternehmen muss deutlich machen: Wenn du hier diskriminierst, dann ahnden wir das. Ein weiterer wichtiger Punkt ist das lebenslange Lernen. Früher blieb jemand, nachdem er oder sie angelernt wurde, oft 20 oder 30 Jahre ohne Weiterbildung im Unternehmen. Das ist nicht mehr sinnvoll, denn unsere Welt ändert sich rapide. Es ist nicht damit getan, nur einmal eine Schulung zu Vielfalt zu verordnen. Das Thema sollte ständig in den verschiedenen Unternehmensbereichen und Abteilungen automatisch miteingebunden werden, also auch ein Teil von Weiterbildungen sein. Ich sehe auch hier bei den Unternehmen einen klaren Bildungsauftrag. Es ist ein Geben und Nehmen.

22.04.2015 11:28:32

Wie vermeiden Sie, dass Unternehmen die Charta der Vielfalt nur als Legitimitätsfassade oder Instrument zum Greenwashing verstehen und dass Diversity fester Bestandteil der Unternehmenskultur wird?

22.04.2015 11:29:30

Unser Herzstück ist die freiwillige Selbstverpflichtung. Wir kontrollieren die Unternehmen nicht und drängen ihnen nichts auf, da das selten den gewünschten Effekt hat. Wer von Diversity Management nicht überzeugt ist, wird auch nichts umsetzen. Wir treten in den Dialog mit denen, die freiwillig ein wertschätzendes Arbeitsumfeld schaffen wollen. Unternehmen, die unterzeichnet haben, ohne Vielfalt zu fördern, müssen damit rechnen, dass sie von ihren Beschäftigten, oder ¬– was noch schlimmer ist – von Bewerber/innen – gefragt werden, was sie eigentlich zum Thema Diversity Management wirklich umsetzen. Die Charta der Vielfalt versucht auch für den Dialog mit den Bürger/innen einen Beitrag zu leisten. Unser wichtigstes Instrument dafür ist der Deutsche Diversity-Tag. Das ist ein bundesweiter Aktionstag, an dem alle unsere Unterzeichner und weitere Diversity-Interessierte eigene Veranstaltungen oder andere Aktivitäten planen, um Vielfalt in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit zu rücken. 2015 sind über 1000 Aktionen unser Ziel.. Dieses Jahr gehen wir zum ersten Mal selbst in den öffentlichen Raum und planen ganztägige Veranstaltungen in München, Berlin und Düsseldorf, um einen Bürgerdialog zu ermöglichen. Da sagen wir den Menschen auch: Klären Sie ihr Unternehmen auf! Fragen Sie es, was es konkret umsetzt, um die Wertschätzung der Vielfalt am Arbeitsplatz zu fördern! Mit Themen wie CSR gehen Unternehmen wirklich nach draußen, ich nenne das „bring the inside out“. Diversity Management findet im Unternehmen statt, also „bring the outside in“. Dabei müssten beide Themen im Dialog zueinander stehen und passen gut zusammen. Diversity Management ist heute noch meistens im Bereich Personal angesiedelt. Es ist aber kein reines HR Thema, es sollte in allen Geschäftsbereichen eine Rolle spielen. Und es ist auch kein Luxusthema, sondern ein notwendiger Bestandteil der Unternehmensstrategie. Dass es als solches verstanden wird, ist unser Ziel und wenn wir das erreichen, stellt sich die Frage gar nicht mehr, ob Unternehmen es mit Diversity Management wirklich ernst meinen.

Adressat/in der Frage

Aletta von Hardenberg

Charta der Vielfalt e.V.

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