Sehr geehrter Herr Röber,
dass Digitalisierung ein Megatrend ist, der alle Lebens- und Geschäftsbereiche erfasst, ist inzwischen Konsens, wie ich meine. Mich interessiert, ob auch Sie als Wirtschaftsführer sich darüber Gedanken machen, wie Digitalisierung die Wirtschaft von morgen verändern wird. Gibt es Anlass zur Sorge, oder werden aus Ihrer Sicht Probleme ‚endlich‘ gelöst werden können? Und welchen Beitrag würde Ihr Unternehmen dazu leisten?
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Brandl
Sehr geehrter Herr Brandl,
vielen Dank für Ihre Frage, die sicherlich eine ganze Reihe von Menschen umtreiben dürfte. Ich möchte meine Antwort darauf etwas differenzieren.
Ich bin der Auffassung, dass die Digitalisierung vieler Lebensbereiche das Arbeitsleben – und damit die Wirtschaft als solche – insgesamt deutlich einfacher machen kann. Repetitive Arbeiten können von Maschinen / Robotern langfristig zuverlässiger und deutlich kostengünstiger ausgeführt werden als von Menschen. Die Fehlerquote sinkt, Ausschuss und Ressourcenverbrauch daher ebenfalls. Darüber hinaus sind auf Dauer auszuführende, sich nie oder kaum ändernde Arbeitsschritte für die Menschen schwer auszuhalten. Insofern werden also vor allem standardisierbare Aufgaben einem immer höheren Automatisierungsgrad unterliegen.
Bei komplexen Aufgaben sieht das allerdings nach wie vor etwas anders aus. Die Aufnahme von Befunden direkt während der Visite am Krankenbett geschieht schon heute zunehmend direkt digital. Damit ist gewährleistet, dass einerseits nichts vergessen wird, andererseits aber spart diese Methode sehr viel Zeit und hilft überdies, Übertragungsfehler zu vermeiden. Moderne Geräte können bspw. auch bei der Diagnose von Krankheiten (wie bspw. im Bereich der Orthopädie) hervorragende (Hilfs-)dienste leisten und dem behandelnden Arzt Hinweise und Einblicke geben, die er anderweitig nicht oder nur mithilfe sehr aufwendiger und oft für die Patienten schmerzhafter Eingriffe erlangen könnte. Die Entscheidung, welche Maßnahmen bei einem bestimmten Befund zu ergreifen sind, wird jedoch nach wie vor von einem bestens ausgebildeten und erfahrenen Menschen zu treffen sein. Schließlich ist eine solche Entscheidung nicht nur eine medizinische, sondern – bspw. in der Palliativmedizin – vor allem auch eine ethische.
Ich bin daher insgesamt der Auffassung, dass sich die Digitalisierung auch in absehbarer Zukunft vor allem auf die Rolle der Hilfestellung und Fehlervermeidung konzentrieren wird. Solange jene, die Daten erheben und mit ihnen arbeiten, mit dem höchstmöglichen Aufwand sicherstellen, dass diese auch ausschließlich für jene Zwecke verwendet werden, für die sie erhoben wurden, kann man der Digitalisierung viel Positives abgewinnen. Sorge macht mir die Entwicklung nur dann, wenn Daten in die falschen Hände gelangen.