Ein Gastbeitrag von Herbert Haberl – In so manchen Unternehmen erleben die Mitarbeiter*innen wie die Ängste der Egos zu endlosen Meetings, bürokratischen Prozessen, Konflikten, Silodenken und Entscheidungen fast nur an der Spitze führen.

Spannend ist, dass Unternehmen und Führung, die so agiert sich oftmals mehr als 40% der Leitungsfähigkeit der Mitarbeiter selbst nimmt. Die 40% nämlich, die Arbeitskräfte einbringen, wenn sie sich in den Strukturen wohl fühlen und in denen Hemmnisse und Störungen bewusst abgebaut wurden.

Doch wie es besser machen?

Ein zentraler Baustein bei der Gestaltung einer wertschätzenden Arbeitskultur ist ist die Fähigkeit einen Dialog statt Debatten zu führen.

Dialog heißt: Alle sorgen durch gemeinsames Denken mit Empathie und in Wertschätzung füreinander für verträgliche, zukunftsfähige Handlungsmöglichkeiten. Es ist damit auch die Kunst, seine Interessen zu durchsetzen ohne den Anderen zu missachten oder zu verletzen.

Empathie für die Gefühle und Interessen entwickeln

In Verlauf von Konversationen nehmen wir typische Rollen ein und sprechen in mehreren Sprachen. Wir

  • agieren als Initiator und artikulieren unsere Sichtweise
  • sind Anhänger und hören zu
  • sind Widersacher und äußern dies mehr oder weniger respektvoll
  • sind Beobachter des Geschehens und warten ab mit unserer Reaktion, geben der Meinungsbildung Raum, wir lassen die Dinge in der Schwebe

Wir sprechen in

  • der Sprache der Bedeutung – um besser zu verstehen
  • der Sprache der Gefühle – um mehr Zufriedenheit zu erlangen
  • der Sprache der Macht – um weitere Handlungsoptionen zu bekommen

Eine als Bereicherung erlebte Konversation gibt uns das Wahre, Schöne und Gute. Wir erleben das Gespräch als gemeinsames Denken. Der Dialog ist der Königsweg zum gemeinsamen Denken. Er gibt uns die Klarheit, den Sinn und die Verbundenheit, die wir brauchen, um etwas auf erfreuliche Weise erkennen oder erreichen zu können.

Viele Gespräche sind keine Dialoge

Viele Gespräche verlaufen enttäuschend, weil wir viel miteinander reden, aber wenig miteinander denken.

  • Wir halten Fassaden aufrecht statt ein gemeinsames Haus zu bauen
  • Wir geben uns statt der gemeinsamen Sache Bedeutung
  • Wir geben Meinungen von uns statt die gemeinsame Meinungsbildung zu fördern
  • Wir sind schon entschieden und suchen Verbündete statt die Entscheidungsfindung mit unserem Wissen und Können zu bereichern
  • Wir verteidigen Gewissheiten statt die Beziehungen zu pflegen

Gespräche können sehr einsame Orte sein. Der Dialog ist mehr als das höfliche Konkurrieren oder das gezwungene Kooperieren, das wir glauben tun zu müssen, um unsere Position zu wahren oder zu verbessern.

Meist wehren wir uns oder schlagen uns in die Flucht – mal in Form beredten Schweigens, mal als Small Talk, mal in Form einer kontrollierten Diskussion, mal in Form eines qualifizierten Gesprächs.

Die Kunst gemeinsam zu denken

Der Königsweg zu einem Dialog, zu einem gemeinsamen Denken ist Hinhören, Respektieren, Suspendieren und Artikulieren:

  • Hinhören bedeutet, aus einem inneren Schweigen heraus etwas auf sich wirken zu lassen. Wir sind Anhänger des Gesagten bis wir gemeinsam eine geeignetere Ansicht gefunden haben.
  • Respektieren: (lateinisch re-spectere: erneut hinschauen, beobachten) bedeutet, auf unmittelbare Abwehr, Schuldzuweisung, Abwertung und Kritik zu verzichten. Wir sind womöglich Widersacher, aber behandeln die Sichweise des Anderen stets mit Respekt und suspendieren erst bevor wir uns äußern. Es gilt die goldene Regel: Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.
  • in der Schwebe lassen / Suspendieren: (lateinisch: herabhängen; indogermanisch: spenn: spinnen, ziehen, etwas so aufspannen, das es sichtbar wird wie ein Spinnennetz vor einem Fenster) bedeutet, die eigene Meinung weder zu unterdrücken noch stur dafür zu plädieren, sondern auf eine Weise vorzutragen, die es einem selbst und anderen ermöglicht, sie wahrzunehmen und zu begreifen. Suspendieren heißt, auftauchende Gedanken und Gefühle zur Kenntnis zu nehmen, wir sind Beobachter des Geschehens und können Empfinden ohne zwangsläufig danach handeln zu müssen.
  • Artikulieren heißt, die eigene, authentische Sprache finden und seine eigene Wahrheit aussprechen. Seinen wir Initiator einer weiteren Sichtweise.

Debatten führen oder Dialog pflegen?

Debatte: Das Ziel ist, mich mit meinen Argumenten durchzusetzen Dialog: Den anderen und mich selbst besser verstehen
•    Ich höre zu, um Gegenargumente zu finden

•    Ich versuche die Schwächen herauszuhören, um den anderen zu schlagen

•    Ich frage, weil ich den anderen verwirren will

•    Ich unterbreche den anderen und wechsle das Thema

•    Ich konzentriere mich auf mein nächstes Argument

•    Ich kritisiere die Erfahrungen anderen

•    Ich höre zu, um den anderen besser zu verstehen

•    Ich versuche die Stärken des anderen herauszuhören, um diese zu bestätigen

•    Ich frage, weil ich besser verstehen will

•    Ich lasse den anderen ausreden

•    Ich konzentriere mich auf den anderen und dessen Gefühle

•    Ich akzeptiere die Erfahrungen anderer

Die Initiative managerfragen.org baut auf diesem Dialogverständnis auf und nutzt sie, um Wirtschaft und Zivilgesellschaft auf eine eher unübliche Art und Weise zusammen zu bringen. Im Online-Formate aber auch in Präsenzveranstaltungen kann – statt eines debattenhaften Schlagabtausches – die wertschätzende Atmosphäre eines Dialogs so zu mehr vertrauensvollen und gelingenden Beziehungen beitragen.

 

Autor: Herbert Haberl – ist Gründer der Akademie für Empathie und berät zu Themen wie Innovation und Geschäftsentwicklung, Führung und Arbeitskultur sowie Absatzstrategie und Verkaufskultur

Kontakt: Akademie für Empathie www.empathieakademie.de, Mobil: 0170-7620660

Quellen: Der Blogbeitrag ist inspiriert und teils zitiert von den Werken namhafter Kommunikations – und Empathieforscher wie William Issacs, David Bohm, Friedemann Schulz von Thun, Karim Fathi.

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