zeitungssterben

Als man früher jeden Morgen – mancherorts vielleicht auch heute noch – die Zeitung bügelte, damit niemand mit Druckerschwärze an den Fingern durch den Tag flanieren muss, da hätte man sich vermutlich kaum ausgemalt, welche Achterbahnfahrt den Nachrichten im Printformat noch bevorsteht. Vor der Digitalisierung waren Zeitungen und Magazine quasi unangreifbar – und so mancher hat vielleicht gedacht oder wenigstens gehofft, dass es immer so weitergeht. 

 

Doch die Entwicklung ist kaum zu übersehen, spielt sie sich doch nicht nur direkt vor unserer Nase, sondern auch auf unserem PC, dem Smartphone und dem Tablet ab. Vielleicht wollte man es aber nicht so richtig wahrhaben, weil die Tageszeitung und der Kaffe auch einfach zusammengehörten. Ob dieses Bild irgendwann in die Kategorie „Nostalgie“ fallen wird?

Aber kann das Tablet neben den Sonntagsbrötchen die gute alte Zeitung tatsächlich ersetzen? Natürlich gibt hier keine einheitliche Meinung. Manchen halten fest an den großformatigen Tagesnachrichten oder bunt bedrucktem Publikums-Entertainment. Für Axel Springer geht es offensichtlich in die digitale Zukunft – und mitgenommen werden nur die Bild und Welt samt Anhang. Traditionsblätter wie das Hamburger Abendblatt oder die Berliner Morgenpost hat man präventiv abgestoßen. Traurig, unerhört oder schlichtweg notwendig? Und dürfen wir uns darüber empören, wenn die Verkäufe stetig weiter sinken, weil wir lieber in der U-Bahn auf dem Weg zur Arbeit auf der besten News-Welle mitsurfen, anstatt in der neuesten Ausgabe zu blättern und damit deren Verkaufszahlen wenigstens stabil zu halten? Ist es uns das einfach nicht mehr wert, ist uns auch die Tageszeitung morgens um neun schon nicht mehr aktuell genug – oder ist digital schlichtweg bequemer? Und auch wenn Jeff Bezos, Amazon Gründer und künftiger Besitzer  der Washington Post, sich offiziell nicht festlegen will, so bleibt doch seine Aussage „In 20 Jahren wird es keine gedruckten Zeitungen mehr geben“ unweigerlich im Gedächtnis. Redaktionen werden zusammengelegt und Inhalte zentral produziert.

Die Journalisten von früher und von heute haben nicht mehr viel gemeinsam. Der Öffentlichkeit unter immer größerem Zeitdruck immer mehr und immer aktuellere News zugänglich machen – online in den meisten Fällen gratis. Dass das auf Dauer nicht funktionieren kann, war abzusehen. Es ist die Frage, wie die Bezahlmodelle der Zukunft aussehen werden und wie wir damit umgehen. In den USA haben bereits 400 Tageszeitungen Online-Bezahlschranken eingerichtet und auch in Deutschland sind sie zu finden. Die Taz richtete schon 2011 ein Zahlungsmodell auf freiwilliger Basis ein und auch das Hamburger Abendblatt hat eine sogenannte Paywall. Nun plant die Bild die Einführung kostenpflichtiger Inhalte. Wann sind wir bereit, für Journalismus Geld auszugeben, wenn wir doch den kostenlosen Zugang zum Weltgeschehen gewöhnt sind? Was muss Journalismus uns dafür bieten und wollen wir wirklich komplett auf die Printausgabe verzichten? Oder hat Print nur noch eine Chance, wenn der Smartphone-Akku leer ist?

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