Sehr geehrter Herr Rettler,
Sie blicken auf über 25 Jahre Erfahrungen als Personalleiter zurück. Wie haben Sie die Zusammenarbeit zwischen Führungskräften und Betriebsräten erlebt?
Mit freundlichen Grüßen,
Christine Kolodzyck
In Summe habe ich eine positive Zusammenarbeit erlebt, meist konstruktiv und sachlich, auch wenn im Detail über unterschiedliche Standpunkte und Positionen gestritten wurde.
Ich musste höchst selten eine Einigungsstelle einschalten oder ein Zustimmungsersetzungsverfahren einleiten.
Wie können Betriebsräte Führungskräfte unterstützen?
Das Feedback des Mitarbeiters, der sich zum Beispiel nicht traut, den „Chef“ direkt anzusprechen, weitergeben, und zwar als Sach-Botschaft – im Sinne des Kommunikationsmodells von Friedemann Schulz von Thun – ohne zu übertreiben oder zu verurteilen.
Ihr besonderer Arbeitsschwerpunkt als Head of Human Resources ist das Demografie-Management. Was heißt „gute Führung“, wenn wir von Demografie-Management sprechen? Wie äußert sich das in Ihrem Unternehmen bei Hutchinson?
Gutes Demografie-Management auf zwei Punkte gebracht ist für mich, unsere Nachwuchs-Rekrutierung durch ein starkes „Employer Branding“ sicherzustellen und die aktiven Beschäftigten „beschäftigungsfähig“ zu halten. Dies prägt meine Arbeit in der Hutchinson.
Die Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit hat einen Kompetenz- und einen Gesundheitsaspekt. In beiden Feldern ist gute Führungsarbeit eine notwendige Bedingung, beispielsweise um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu motivieren, sich gesund zu halten und sich weiterzubilden.
Wie setzen Sie das praktisch um und was sind die Herausforderungen?
Gesundheitsgespräche sind Teil unserer Mitarbeiterjahresgespräche. Und zwar nicht in der Form, dass eine Krankheitsrate kritisiert wird, sondern dass motiviert wird zur Gesunderhaltung und auf die vom Unternehmen angebotenen Gesundheitsmaßnahmen hingewiesen wird. Gleiches wird im Jahresgespräch im Feld Kompetenz besprochen.
Herausforderungen sind die sich ändernden Arbeitsbedingungen bei gleichzeitig steigendem Alter. Wenn die kontextuelle Mobilität zum Beispiel mit höherem Alter) abnimmt, gleichzeitig aber Arbeitsbedingungen zunehmende Beweglichkeit erfordern, müssen wir mit betrieblichen Maßnahmen wie intensiver Weiterbildung, Tandem-Lösungen, Versetzungen reagieren, um eine bestmögliche Arbeitserledigung sicherzustellen.
Dies ist im Einzelfall oft schwierig. Hier stehen wir noch am Anfang.
Welche Tipps geben Sie anderen Unternehmen?
Die meisten Großunternehmen haben bereits strategische Ansätze zum Demografie-Management. Dort stehen auch HR-Ressourcen zur Verfügung.
Kleine und mittelständische Unternehmen sollten sich in regionalen Netzwerken zusammenschließen. Zum Beispiel in INQA-Projekten oder Regionalgruppen von Das Demographie Netzwerk ddn. In diesen Netzwerken ist „Erfahrungswissen“ vorhanden, das man – meist nach Adaption auf das eigene Unternehmen – gut nutzen kann.
Man sollte sofort anfangen mit einer guten Analyse und für das Unternehmen passenden Maßnahmen innerhalb eines strategischen Demografie-Management-Ansatzes.
Sehr geehrter Herr Rettler, wir danken Ihnen für dieses Interview!