Es ist ruhig geworden in den letzten Tagen. Nachdem vor zwei Wochen der Begriff „Compliance“ schon als Titelkandidat für das Wort des Jahres gehandelt wurde, standen in den letzten Tagen andere Dinge auf der Tagesordnung. Nach dem Champions League Finale wird sich das höchstwahrscheinlich ändern.
Die mediale Verschnaufpause vor dem Finale zeigt mal wieder, wie schnell ein empörter Aufschrei auch wieder verstummen kann. Die Aufarbeitung zum Thema Integrität unter Top-Managern hat scheinbar den roten Faden verloren. Das Phänomen, wenn ein bestimmtes Thema berichtenswerter als ein anderes eingestuft wird, geht für den Kommunikationswissenschaftler auf die sogenannte Nachrichtenwert-Theorie zurück. Der Medienwissenschaftler Winfried Schulz analysierte zu seiner Zeit sowohl mehrere Tageszeitungen, als auch Fernsehprogramme. Sein Ergebnis offenbarte die viel zitierte „journalistische Hypothese von Realität“:
Je mehr eine Meldung dem entspricht, was Journalisten für wichtige und mithin berichtenswerte Eigenschaften der Realität halten, desto größer ist ihr Nachrichtenwert.
Diese Beobachtung erklärt nicht nur das aktuelle Verschwinden der Debatte um die Integrität von Top-Managern, sondern zeigt auch gleichzeitig die Schwächen der Nachrichtenwert-Theorie. Während es sinnvoll und nachhaltig wäre, sich mit der Compliance-Debatte auseinanderzusetzen, verschwindet das Thema momentan fast vollständig im Sog der Fußballeuphorie. Dabei ist der Bedarf durchweg vorhanden.
Um einen öffentlichen Dialog zu schaffen, der langfristig einen positiven Effekt auf das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Wirtschaft beitragen kann, braucht es eine mediale Aufarbeitung, die mehr zu bieten hat als mit den Finger auf den Einzelnen zu zeigen. Ich persönlich hoffe also auf nächste Woche…